Umgang mit beschädigten Lithium-Batterien

Risiken einer Quarantäne in Wasser

Lithium-Ionen Batterien stellen heute eine der grössten Herausforderungen im Elektroaltgeräte-Recycling dar. Bei der Entnahme können die Batterien leicht beschädigt werden, was das Risiko für Kurzschlüsse und für die Freisetzung der gespeicherten Energie stark erhöht. Eine Möglichkeit zu verhindern, dass beschädigte Batterien reagieren können, ist, sie für eine längere Zeit in Wasser unter «Quarantäne» zu stellen. Dadurch entladen sich die Batterien. In einer Versuchsreihe wurde untersucht, ob diese Praxis Risiken in sich birgt und welche das sein können.

Vor dem Aufkommen von Lithium-Ionen-Batterien war die Entfernung der Batterien aus Elektroaltgeräten eine simple Angelegenheit. Als Verbrauchsteile, die bereits während des normalen Gebrauchs regelmässig ausgewechselt werden mussten, waren die Batterien einfach zugänglich und leicht zu entfernen. Auch die ersten Generationen von Lithium-Ionen-Batterien in Mobiltelefonen und Laptops konnten noch mit einem einzigen Handgriff entnommen werden. Heute sind Lithium-Ionen-Batterien in Laptops, Tablets und Mobiltelefonen meist geklebt. Sie werden nicht mehr durch ein eigenes Gehäuse geschützt, sondern als weiche «Pouch-Zellen» verbaut. Auch werden Lithium-Ionen-Batterien mittlerweile in eine Vielzahl von Kleingeräten wie elektrische Zahnbürsten oder E-Zigaretten fest verbaut. Vor einer mechanischen Verarbeitung müssen diese Batterien entfernt werden. Beim Herauslösen können insbesondere schlecht geschützte Zellen leicht beschädigt werden. An Arbeitsplätzen, an denen Lithium-Ionen-Batterien entfrachtet werden, stehen daher in der Regel Quarantänebehälter bereit, welche mit Wasser, Sand oder Vermiculit gefüllt sind. Wasser hat den Vorteil, dass die Batterie während der Quarantäne entladen wird, was theoretisch durch die Zugabe von Salz weiter unterstützt werden kann. Weil die Batterie im Wasser reagiert, können dabei jedoch auch schädliche Gase freigesetzt und das Wasser verschmutzt werden. Zudem besteht bei den Lithium-Metall-Batterien die Gefahr, dass sie versehentlich mit Wasser in Kontakt kommen und das darin enthaltene elementare Lithium mit dem Wasser reagiert und Wasserstoff freisetzt.

Versuche

Um die genannten Risiken einzuschätzen, führte die Empa eine einfache Versuchsreihe durch.
In einem ersten Versuch (siehe Abbildung 1) wurden Lithium-Ionen-Pouch-Zellen aus Mobiltelefonen und Laptops während 48 Stunden in Testbehältern mit Leitungswasser bzw. Salzwasser (NaCl-Lösung) belassen. Dabei wurden Batterien aus Elektroaltgeräten verwendet und einzelne Zellen gezielt beschädigt. Pro Testbehälter (5L) wurden acht Zellen verwendet. Die Testbehälter wurden luftdicht verschlossen und mit einer Gärglocke versehen, so dass die Gasentwicklung qualitativ erfasst werden konnte. Nach 48 Stunden wurden Proben genommen und zur Analyse ins Labor geschickt.

In einem zweiten Versuch wurden neue, voll geladene Lithium-Manganoxid -Batterien in Testbehälter mit Leitungswasser bzw. Salzwasser gegeben, um die spontane Reaktion zu beobachten. Die Batterien wurden zudem während 48 Stunden im Wasser belassen, um auch langsamere Reaktionen aufzuzeigen. Die Versuche wurden jeweils mit einer intakten und einer stark gequetschten Knopfzelle und AA-Batterie durchgeführt. 

Abbildung 1: v.l.n.r gebrauchte, teils geblähte Pouch-Zellen / zusätzliche Beschädigung einzelner Zellen / Je 8 Zellen wurden in 5 Liter Leitungs- bzw. Salzwasser gelegt / Gärbehälter zur Überwachung der Gasentwicklung

Entladung von Lithium-Ionen-Batterien

Innerhalb von 48 Stunden entluden sich die intakten Pouch-Zellen von ca. 4.0 Volt auf 0.4 V– 1.75 V. Da bei Spannungen unter 2 Volt der Restenergiegehalt in Lithium-Ionen-Batteriezellen im einstelligen Prozentbereich liegt, stellt eine so tief entladene Zelle kein Risiko mehr dar. Es konnte auch festgestellt werden, dass die Entladung im Salzwasser nicht stärker ausfällt. Im Gegenteil: Die Zellen, die im Salzwasser lagen, wurden im Durchschnitt weniger stark entladen. Dies kann damit erklärt werden, dass die Kontakte im Salzwasser stärker korrodieren, was die Entladung verzögert.

Gasbildung

Die Bewegungen der Gärglocken wurden während der ersten Stunde aufgezeichnet und analysiert. Dabei konnte einerseits klar gezeigt werden, dass bei der Entladung der Pouch-Zellen im Wasser Gase entstehen. Andererseits fällt die Gasbildung moderat aus (1–2 Bewegungen pro Minute) und nimmt mit der Zeit sichtlich ab (siehe Video1). Beim Salzwasser kann eine stärkere Verlangsamung der Aktivität beobachtet werden. Dies lässt wiederum auf eine relativ schnelle Korrosion der Kontakte und entsprechende Abnahme der Entladung schliessen.

Schadstoffe im Wasser

Die Wasserproben wurden durch die Bachema AG auf 25 Elemente analysiert. 13 der untersuchten Elemente konnten in zumindest einer Probe nachgewiesen werden. Die Resultate sind in Tabelle 1 aufgeführt. Überschreitungen der Grenzwerte der Schweizer Gewässerschutzverordnung für eine Einleitung in die Kanalisation sind mit einem * markiert. Durch die stärkere Entladung im Leitungswasser werden höhere Werte für Kobalt, Kupfer und Lithium erreicht. Die Werte für Nickel und Mangen fallen jedoch im Salzwasser höher aus. Da in den Versuchen nicht die exakt gleichen Zellen verwendet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass beim Salzwasserversuch mehr NMC-Zellen (Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid) vorhanden waren. Die Analyse zeigt, dass bei der Quarantäne Schwermetalle ins Wasser übergehen und die Grenzwerte für eine Einleitung in die Kanalisation schnell überschritten werden.

1 Das Video enthält eine Zeitrafferaufnahme (60-fache Beschleunigung) der ersten 60 Versuchsminuten.

Video Pouch Zellen Gas

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Metallisches Lithium

In den Versuchen mit Lithium-Manganoxid-Batterien konnte weder bei den intakten noch bei den beschädigten Batterien eine starke unmittelbare Reaktion beobachtet werden. Die Spannung wurde nach zwei Stunden überprüft. Dabei konnte festgestellt werden, dass eine Entladung stattfindet, die im Salzwasser stärker ausfällt. Eine mögliche Erklärung für das unterschiedliche Verhalten im Vergleich zu den Pouch-Zellen sind hierbei die grösseren Kontakte. Neben dem Spannungsabfall konnte auch eine leichte Bläschenbildung beobachtet werden. Ob es sich dabei um freigesetzten Wasserstoff handelt, konnte nicht überprüft werden. Nach 48 Stunden hatten sich die Batterien stark zersetzt (siehe Abbildung 2). Die Gasbildung blieb jedoch relativ gering.

Fazit

Die Versuche haben gezeigt, dass sich Lithium-Ionen-Batterien im Wasser gut auf ein sicheres Niveau entladen lassen. Die Zugabe von Salz ist nicht notwendig, sie verlangsamt den Prozess sogar. Wird die Quarantäne in Wasser durchgeführt, entstehen insbesondere zu Beginn Gase in moderatem Umfang. Die Quarantänebehälter sollten daher vom Arbeitsplatz entfernt werden, sobald sich darin Batterien befinden, und es sollte auf eine gute Belüftung geachtet werden. Das Quarantänewasser muss zudem als Sonderabfall entsorgt werden, da sich darin Schwermetalle anreichern.

Es besteht keine Gefahr durch eine starke Reaktion von elementarem Lithium aus der Anode von Lithium-Metall-Batterien beim Kontakt mit Wasser. Neben den getesteten Lithium-Manganoxid-Batterien kommen jedoch auch Lithium-Thionylchlorid-Batterien zum Einsatz, die sich durch ihre hohe Energiedichte und ihre sehr geringe Selbstentladung auszeichnen. Diese Batterien werden insbesondere als Stützbatterien, in Verbrauchszählern oder Alarm- und Sicherheitssystemen und anderen Langzeitanwendungen eingesetzt. Da Thionylchlorid heftig mit Wasser reagieren kann, ist hier Vorsicht geboten.

Abbildung 2: Lithium-Manganoxid Batterien nach 48 Stunden Wasserkontakt