Monitoring von gemischten Kunststoffsammlungen

Der Verein Schweizer Plastic Recycler betreibt seit 2020 ein von der Empa entwickeltes Monitoringsystem.

Um dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einer Sammlung von gemischten Kunststoffabfällen aus Haushalten gerecht zu werden, sind in der Schweiz in den letzten Jahren verschiedene Sammelsysteme entstanden. 2019 hat der Verein Schweizer Plastic Recycler (VSPR) als Branchenorganisation mit Unterstützung der Empa und in Anlehnung an das Kontrollsystem von Swico und SENS ein Monitoringsystem entwickelt und setzt dieses seither erfolgreich um. Das Ziel ist, eine hohe Qualität der Sammlung und Verwertung in Bezug auf Umwelt, Qualität, Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten. Mittlerweile verfügen neun Systeme über ein Label des VSPR. Diese haben im Jahr 2022 insgesamt knapp 9 500 Tonnen gemischte Kunststoffe gesammelt.

Wie alles begann

Gemischte Kunststoffabfälle aus Haushalten machen heute volumenmässig einen grossen Teil des Siedlungsabfalls aus. Werden diese rezykliert, kann ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und CO2-Reduktion geleistet werden. Um dieser Tatsache und auch dem Bedürfnis der Bevölkerung nach getrennter Sammlung und Abgabe von gemischten Kunststoffen aus Haushalten Rechnung zu tragen, wurden in verschiedenen Regionen der Schweiz Angebote zur Sammlung und Verwertung von Kunststoffen geschaffen.

Drei der grössten Sammelsysteme erarbeiteten 2018 gemeinsam mit dem Verein Schweizer Plastic Recycler (VSPR) eine Kunststoffcharta1, welche die wesentlichen Anforderungen an die Sammlung und das Recycling von Kunststoffabfällen aus Schweizer Haushalten definiert. Basierend auf der Charta sowie auf umweltrechtlichen Bestimmungen entwickelte die Empa 2019 ein Monitoringsystem. Dieses besteht aus überprüfbaren Anforderungen2, einem Kontrollprotokoll, einem Handbuch3 und einem Excel-basierten Datenerfassungstool. Vorbild war das Kontrollsystem von Swico und SENS, an dessen Aufbau und Weiterentwicklung die Empa ebenfalls über Jahre hinweg beteiligt war. Die Idee war, dass sich Sammelsysteme durch die Teilnahme an einem Lizenzsystem freiwillig dem Monitoring unterstellen, mit dem Ziel, als Branchenlösung eine glaubwürdige und transparente Überwachung der Kunststoffsammlungen zu gewährleisten.

Pilotzertifizierung

Mit dem Lizenzsystem wurde eine unabhängige Kontrollstelle geschaffen, welche die Systembetreiber und deren Behandler bezüglich der Einhaltung der Anforderungen auditiert und deren Konformität beurteilt. Den Zuschlag für den Aufbau der Kontrollstelle und die Durchführung der ersten Pilotaudits erhielt dss+ (damals noch als Sofies-Emac AG). Die Hauptaufgabe der Kontrollstelle besteht bis heute darin, sicherzustellen, dass die gesammelten Kunststoffe nach dem Stand der Technik sortiert, aufbereitet und verwertet werden und als hochwertige Sekundärkunststoffe in den Kreislauf zurückgelangen. Gleichzeitig wird überwacht, dass nicht verwertbare Kunststoffabfälle als Ersatzbrennstoffe in Zementwerken oder Müllverbrennungsanlagen thermisch verwertet werden und nicht auf illegalen Deponien oder sogar in den Weltmeeren landen.

Im Pilotjahr 2020 wurden die Systeme sammelsack.ch, kunststoffsammelsack.ch und KUH-Bag (als Projekt von drei Zweckverbänden) und ihre Behandlungspartner auditiert und zertifiziert. Im Rahmen der Datenerhebung für die Audits konnten erstmals harmonisierte Kennzahlen über die verschiedenen Sammelsysteme erhoben werden. Das Ziel war, in einem jährlich publizierten Monitoringbericht klar und transparent über den aktuellen Verbleib der gesammelten gemischten Kunststoffabfälle aus Haushalten in der Schweiz zu informieren.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Im Unterschied zum Kontrollsystem von Swico und SENS, wo die Auditor:innen für die Systeme die Recycler kontrollieren, werden im Monitoringsystem des VSPR in dessen Auftrag die Systeme selbst kontrolliert und lizenziert. Kunststoffe aus Haushalten gehören zu den Siedlungsabfällen und fallen somit unter das Entsorgungsmonopol der Kantone. Die Kontrolle stellt sicher, dass alle lizenzierten Systeme die gesetzlichen Anforderungen und den gleichen Branchenstandard bezüglich Sammlung, Behandlung und Dokumentation einhalten. Die Erstbehandler, die teilweise nur die Kunststoffabfälle sortieren, diese teils aber auch in einem Prozess direkt zu Regranulat verarbeiten, werden analog zu den Recycleraudits von Swico und SENS kontrolliert. Nach Bedarf finden zunehmend auch Zweitabnehmerkontrollen statt.

Gemischte Kunststoffabfälle aus Haushalten sind deutlich weniger heterogen als Elektroaltgeräte (EAG) und enthalten kaum Schadstoffe (Abbildung 1 und 2). Schadstoffhaltige Fehlwürfe (z. B. EAG) oder unerwünschte Kunststoffe (z. B. PVC) können in den Sortier- und Recyclingprozessen gut ausgeschleust werden. Aus diesem Grund sind die Anforderungen des VSPR deutlich schlanker gehalten als der CENELEC-Standard (EN 50625).

1 https://www.plasticrecycler.ch/wp-content/uploads/2019/11/Kunststoff-Charta-Schweiz_2018_VersAug2019.pdf
2 https://www.plasticrecycler.ch/wp-content/uploads/2022/01/Anforderungen_Kunststoffsammlungen_2022.pdf
3 https://www.plasticrecycler.ch/wp-content/uploads/2022/01/Monitoringhandbuch_2022_komplett.pdf

Abb. 1: Sammelsäcke mit gemischten Kunststoffabfällen aus Haushalten. Quelle: dss+ / Abb. 2: Sortenreine High-Density-Polyethylen(HDPE)-Kunststoffe. Quelle: dss+

Das Monitoringsystem nimmt Fahrt auf

Im Jahr 2023 feierte der VSPR sein zehnjähriges Bestehen. Seit der Pilotzertifizierung sind vier weitere Systeme hinzugekommen und erfolgreich lizenziert worden4. Dazu gehört auch das System von EPS Recycling Schweiz, das schweizweit EPS (expandiertes Polystyrol oder Styropor) und XPS (extrudiertes Polystyrol) aus Haushalten, aber auch von Bau und Gewerbe sammelt und recycelt.

Die Sammelmengen von gemischten Kunststoffabfällen sind von rund 5300 Tonnen im Jahr 2019 auf knapp 9500 Tonnen im Jahr 2022 angestiegen (Abbildung 3). Schweizweit sind rund 900 Gemeinden in 23 Kantonen an ein Sammelsystem angeschlossen. Somit haben bereits über 4.8 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner die Möglichkeit, ihre Kunststoffe zu sammeln und wiederzuverwerten. Von der gesammelten und behandelten Menge werden rund 53 % stofflich verwertet, der Rest wird in Zementwerken oder Kehrichtverbrennungsanlagen thermisch verwertet5.

4 https://www.plasticrecycler.ch/label/
5 https://www.plasticrecycler.ch/wp-content/uploads/2023/07/Monitoringbericht_VSPR_2022_DE.pdf

Trotz dieser Erfolge gibt es noch viel zu tun. Die Sammelquote der lizenzierten Systeme, bezogen auf das geschätzte Gesamtaufkommen an Kunststoffabfällen aus Haushalten in der Schweiz, lag im Jahr 2022 bei rund 5%. Es besteht also noch ein grosses, unausgeschöpftes Potenzial zur Erhöhung der Sammelquote. Bei der Industrierückführungsquote, d. h. dem Verhältnis der stofflich verwerteten Menge im Verhältnis zu den in die Verarbeitung eingebrachten Mengen, setzt der VSPR strenge Massstäbe. Er fordert bis 2025 eine Erhöhung der Quote auf 55 % und langfristig eine Erhöhung auf 70 %. Zudem müssen seit diesem Jahr die Materialreste aus der Behandlung von Kunststoffabfällen, die nicht stofflich verwertet werden können, für die energetische Verwertung in die Schweiz zurückgeführt werden. Dies erleichtert die transparente Rückverfolgung dieser Stoffströme erheblich.

Fazit

Die Zertifizierung von gemischten Kunststoffsammlungen und deren Berichterstattung stellt in der Schweiz ein Novum dar. Das erfolgreich aufgebaute freiwillige Monitoringsystem zeigt, dass die erarbeiteten Instrumente für eine nachhaltige und transparente Messkultur in der Kunststoff-Landschaft Schweiz funktionieren und bei Behörden wie auch in der Bevölkerung Vertrauen und Sicherheit schaffen.