LED-Recycling

LED in der Entsorgung – neue Technologie, neue Probleme?

Light-emitting diodes (LED) sind sowohl in Bildschirmen als auch in Leuchtmitteln im Einsatz. Im Vergleich zu anderen Leuchtmitteln gelten sie als umweltfreundlichere Beleuchtungsoption. Allerdings enthalten LED-Lampen einige Materialien, die potenziell schädlich sein können, wenn sie nicht ordnungsgemäss entsorgt werden, sowie viele verschiedene Wertstoffe. Was bedeutet dies für das Recycling?

LED sind aus der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken: Sie werden in Beleuchtungen von Gebäuden, Fahrzeugen und Strassen ebenso eingesetzt wie in der Displaytechnik. Dort sorgen sie in unseren Handys, Tablets, Laptops und Fernsehgeräten oder in grossflächigen Anzeigen für ein gleichmässig scharfes und klares Bild. Trotz ihrer vergleichsweise langen Lebensdauer gehen auch sie früher oder später kaputt und müssen entsorgt werden.



Inhaltsstoffe ermöglichen Funktionalitäten

LED enthalten eine Vielzahl von Materialien, die für verschiedene Funktionen erforderlich sind. Sie bestehen aus Halbleitermaterialien wie Galliumnitrid (GaN), Galliumarsenid (GaAs), Galliumphosphid (GaP) oder Indiumgalliumnitrid (InGaN). Diese Materialien sind entscheidend für die Lichtemission der LED. LED enthalten zudem in geringen Mengen die Schwermetalle Blei und Arsen sowie seltene Erden und Phosphorverbindungen. Das Gehäuse eines LED-Leuchtmittels besteht aus Kunststoff oder Glas und Metall und dient dazu, die inneren Komponenten zu schützen und das Licht zu lenken. Leiterplatten sind die Träger, auf denen die LED-Chips montiert sind. Sie bestehen in der Regel aus einem Isolationsmaterial wie glasfaserverstärktem Epoxidharz und enthalten Edelmetalle.

Schad- und Wertstoffe in LED

Im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Flachbildschirmen mit LED-Hintergrundbeleuchtung tauchte immer wieder die Vermutung auf, dass diese Quecksilber und Cadmium enthalten. Swico ist dieser Frage in Zusammenarbeit mit der Immark AG Schattdorf nachgegangen: Sie hat LED aus TV- und Monitor-Hintergrundbeleuchtungen sowie von LED-Leuchtmitteln (ältere Modelle) chemisch analysieren lassen, um festzustellen, welche Stoffe in welchen Gehalten in LED vorhanden sind (vgl. Tabelle 1 und Abbildung 1).

Aufgrund dieser Analysen bezüglich der Schadstoffe lässt sich festhalten, dass in allen Proben Barium und Blei gemessen wurde. Quecksilber wurde in zwei Proben in sehr geringen Gehalten (0,05 resp. 0,01 ppm) gemessen. Der Cadmiumgehalt lag in allen Proben unter der Nachweisgrenze.

In Bezug auf Wertstoffe fallen die hohen Kupfer- und Silbergehalte sowie die Gehalte (in Spuren) von Lanthan (Metall der seltenen Erden) auf. Die Werte von Gallium und Germanium lagen unter der Bestimmungsgrenze.

Zusätzlich liess die Recyclingfirma Thévenaz-Leduc SA LED-Leuchtfäden aus neueren, nicht stabförmigen LED-Leuchtmitteln untersuchen. Mehrere Elemente wurden quantitativ und weitere Elemente semi-quantitativ analysiert und die Resultate SENS zur Verfügung gestellt (s. Tabelle 1 und Abbildung 2). Es wurden Cadmium- und Quecksilbergehalte gemessen, die eine resp. zwei Grössenordnungen höher waren als diejenigen in den Ergebnissen der Swico-Analysen. Silber und Bleigehalte wiesen mit 1’100 mg/kg resp. 48 mg/kg eine ähnliche Grössenordnung auf. Dies war auch der Fall bei den Schadstoffen Antimon und Arsen. Sehr auffällig war der sehr hohe Galliumgehalt mit 15’505 mg/kg, der damit im Prozentbereich lag.

Abb 1: LED Proben aus PC Monitoren, TV Geräten und Leuchtmitteln. Bildquelle: Immark AG
Abb. 2: Bei der Rücknahme von nicht-stabförmigen LED-Leuchtmitteln werden immer mehr Modelle mit Leuchtfäden gesammelt, die auf ihre Wert- und Schadstoffe analysiert wurden. Bildquelle: Carbotech AG

Cadmium in QLED-Bildschirmen?

In der modernen Bildschirmtechnologie kämpfen gegenwärtig OLED (Organic light-emitting diode) und QLED-Technologien (Quantenpunkt-Leuchtdioden-Technologien) um höhere Marktanteile. Während OLED-Bildschirme selbstleuchtende Pixel benutzen, verwenden QLED-Geräte eine auf Quantenpunkten basierende Hintergrundbeleuchtung. Diese Technologie zeichnet sich durch einen höheren Detailreichtum, präzisere Farben, höhere Kontraste und mehr Helligkeit aus. Obwohl QLEDs einige Vorteile gegenüber herkömmlichen LCD- oder OLED-Displays bieten, gibt es auch Umweltprobleme, die mit ihrer Herstellung und Entsorgung verbunden sind. Nebst dem höheren Energieverbrauch in der Herstellung sind es vor allem Cadmium, Blei und andere Schwermetalle, die in der QLED-Technologie verwendet werden.

Mit der EU-Richtlinie «Restriction of Hazardous Substances» (RoHS) soll der Einsatz von gefährlichen Stoffen in Elektro- und Elektronikgeräten begrenzt werden. Dazu gehört auch Cadmium, wobei ein Gehalt < 100 ppm noch als cadmiumfrei gilt. Zeitlich begrenzte Ausnahmen zur Nutzung der Stoffe sind möglich, wenn die Stoffe wissenschaftlich oder technisch nicht ersetzt werden können oder wenn eine Alternative nicht zulässig ist bzw. eine solche negative Folgen für Mensch und Umwelt mit sich brächte. Davon profitiert seit 2013 auch die Anwendung von Cadmium in der QLED-Technologie. Aufgrund der technologischen Entwicklung der letzten Jahre sind inzwischen cadmiumfreie Quantenpunkte auf dem Markt verfügbar und eine Ausnahme ist somit nicht mehr gerechtfertigt. Es dürfte derzeit jedoch eine beträchtliche Menge an QLED-Geräten, die Cadmium enthalten, in Gebrauch sein. Diese Geräte werden in den nächsten Jahren zur Entsorgung gelangen. Ein Quadratmeter Bildschirmfläche enthält schätzungsweise etwa 0,2 g Cadmium.

Es zeigt sich, dass der Cadmiumfluss durch QLED-Bildschirmgeräte, die ins Recycling gelangen, nicht unerheblich sein wird. Mit einer vereinfachten Rechnung ergeben sich bei schätzungsweise 500’000 jährlich in der Schweiz verkauften TV-Geräten mit einer durchschnittlichen Bildschirmdiagonale von 155 cm (60 ʺ) – was rund 1 Quadratmeter Bildschirmfläche entspricht – ca. 30 kg Cadmium pro Jahr. Dies unter der Annahme, dass der Marktanteil von QLED 30 % beträgt und nur QLED-Bildschirme im Verkauf sind, die cadmiumbestückte Quantenpunkte enthalten. Die tatsächliche Menge dürfte darunterliegen, da der Marktführer Samsung inzwischen cadmiumfreie Quantenpunkte verwendet.

Die Europäische Kommission wird im Rahmen einer Anpassung der RoHS-Richtlinie aufgrund einer Studie des deutschen Ökoinstituts aus dem Jahre 2022 den Einsatz von cadmiumdotierten Quantenpunkten verbieten, da es inzwischen Alternativen gibt, die die gleiche Bildleistung erbringen. Die Frage ist, was mit den QLED-Bildschirmen, die über cadmiumdotierte Quantenpunkte verfügen, im Recycling geschieht.

Cadmium ist bereits in geringen Mengen für Mensch und Tier toxisch, reichert sich im Körper an und kann krebserregend sein. Obwohl es viele diffuse Cadmiumquellen gibt (Abfallverbrennung, Stahlwerke, Feuerungen, Kakao, Schmuck), ist im Sinne des Vorsorgeprinzips des Umweltschutzgesetzes die Emission an der Quelle zu verhindern. Integrierte LED und QLED in Displays werden sich in einer mechanischen Zerkleinerung mit Nachsortierung in der Kunststofffraktion anreichern. In der Kunststoffbehandlung werden cadmiumhaltige Kunststoffe abgeschieden und anschliessend verbrannt. Cadmium wird dabei oxidiert und in der Rauchgasreinigung einer modernen Verbrennungsanlage abgeschieden. Das Risiko einer Freisetzung in den Behandlungsprozessen kann als eher gering eingeschätzt werden. Dennoch sind in jedem Fall die arbeitshygienischen Anforderungen einzuhalten.

LED-Leuchtmittel: Entwicklungen des Recyclings

Um die Vermischung und Verdünnung von Wert- und Schadstoffen zu vermeiden, werden Leuchtmittel nach der Sammlung in verschiedene Gruppen sortiert. LED-Leuchtmittel werden so vom Rest der Leuchtmittel, u. a. von den quecksilberhaltigen Gasentladungslampen, getrennt und können separat recycelt werden. In den letzten Jahren wurden in der Schweiz mehrere Versuche für das Recycling von LED-Leuchtmitteln durchgeführt. Darauf basierend hat SENS zwei Leuchtmittel-Recyclern die Bewilligung für die Verarbeitung von LED erteilt. Diese Recycler verwenden in einem ersten Schritt Technologien, welche im Falle von Fehlwürfen von anderen Leuchtmitteln, ermöglichen,  Quecksilberemissionen zu vermeiden.

Wie bei vielen anderen Elektro- und Elektronikaltgeräten (EAG) sind die Rückgewinnungsquoten umso höher, je besser die Geräte sortiert werden. Gerade wegen der Flexibilität im Design der LED-Leuchtmittel gibt es besonders viele Formen und Materialkombinationen. Gemäss Recycler Thévenaz-Leduc SA erhöhen sich die Recyclingquoten umso mehr, je spezifischer nach Glas- oder Kunststoffgehäusen, Alu-Gewinden etc. getrennt wird. Wenn alle Formen gemischt werden, wurden bisher nur Recyclingquoten von unter 50 % erreicht. Derzeit gibt es keinen Richtwert für eine minimale Recyclingquote für LED-Leuchtmittel.

Recycling Ansätze LED Leuchtmittel

Das separate Recycling von LED-Leuchtmitteln eröffnet hinsichtlich der Trennung resp. der Rückgewinnung spezifischer Schad- und Wertstoffe zahlreiche Möglichkeiten. Dabei können in der Praxis verschiedene Ansätze verfolgt werden, die jeweils andere Materialien priorisieren:

1) Fokus auf das Gehäuse, das aus «klassischen» Wertstoffen wie Aluminium oder Glas besteht

2) Fokus auf die vergleichsweise in hohem Anteil vorhandenen Leiterplatten, die Kupfer und teilweise Edelmetalle wie Silber enthalten

3) Fokus auf LED-Chips oder -Leuchtfäden, in denen sich seltene Technologiemetalle befinden, insbesondere Gallium und Indium
 

Noch wurde kein optimaler Ansatz oder die beste Kombination ausgewählt. Die Recycler verfeinern im Dialog mit der Technischen Kommission SENS ihre Methoden fortlaufend.

Ökologische und ökonomische Fragen zur Verwertung von LED-Leuchtmitteln

Die in der Box erwähnten Ansätze hängen mit dem Fokus auf die verschiedenen Bauteile der LED-Leuchtmittel zusammen: 1) Gehäuse, 2) Leiterplatten, 3) LED. Viele Zielmetalle sind mehrheitlich in einem und/oder dem anderen Bauteil konzentriert. Bei der Wahl des Recyclingansatzes stellt sich die Frage der Öko-Effizienz, also der Umweltauswirkung in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit.

Was die ökologische Relevanz des LED-Recyclings angeht, können als erster Anhaltspunkt die Umweltbelastungen der Primärproduktion der Metalle – und somit der Nutzen ihres Recyclings – miteinander verglichen werden1. Dabei wird die Umweltbelastung in Umweltbelastungspunkten (UBP)2 gemessen. So zeigen Ökoinventare der Metalle in LED-Leuchtmitteln3, dass z. B. die Primärproduktion von Silber, das in Leiterplatten und in den LED-Chips resp. Leuchtfäden (s. Tabelle 1) enthalten sein kann, nach aktuellen Kenntnissen eine ca. 15-mal höhere Umweltbelastung verursacht als die Primärproduktion von Indium sowie eine ca. 90-mal höhere Umweltbelastung als der Abbau von Galliumarsenid. Der Primärabbau von Kupfer und Aluminium – die in Leiterplatten oder im Gehäuse zu finden sind – verursacht wiederum eine Umweltbelastung, die eine resp. zwei Grössenordnungen unter derjenigen von Galliumarsenid liegt.

Aus Umweltsicht erscheinen folglich die Ansätze 2) und 3) trotz vergleichsweise geringer Gehalte der Zielmetalle vorteilhaft. Doch im Recycling ist Ansatz 3) industriell noch nicht umsetzbar, was auch die Studie von Nikulski et al. (2021) bestätigt. Darin wird geschätzt, dass die Rückgewinnung von Technologiemetallen aus LED-Leuchtmitteln aktuell wenig wirtschaftliches Potenzial hat, sich aber der Fokus auf Edelmetalle ökonomisch am ehesten lohnt4.

Massgebend in Bezug auf die Rückgewinnung von Rohstoffen aus LED-Leuchtmitteln ist in der Praxis, welche Fraktionen bei der Verarbeitung entstehen und welche Folgeabnehmer diese verwerten. Leiterplattenreiche Fraktionen aus LED-Leuchtmitteln können aufgetrennt werden, was ökologisch einen hohen Nutzen bringt. Die saubere Trennung von LED-Chips und -Leuchtfäden im ersten Verarbeitungsschritt ist heute jedoch eine Herausforderung. Auch wenn dies möglich wäre, ist es bis jetzt nicht üblich, dass Folgeabnehmer die breite Palette an Zielmetallen aus LED-Leuchtmitteln gleichzeitig zurückgewinnen können5.

Der LED-Recyclingprozess muss systemisch betrachtet werden

Die Frage der Rückgewinnung der ökonomisch und ökologisch relevanten Zielstoffe aus EAG ist bekannterweise nicht nur bei LED-Leuchtmitteln ein Thema. Sie betrifft viele EAG, insbesondere Mobiltelefone, Bildschirme oder Photovoltaik. Die LED-Leuchtmittelmenge liegt im Vergleich zur in der Schweiz gesamten Menge an EAG im Promillebereich und der Anteil LED innerhalb des LED-Leuchtmittels entspricht auch nur einem geringen Anteil. Es ist deshalb wichtig, die Bemühungen in Richtung Kreislaufwirtschaft von LED und das Recycling von anderen Bauteilen, die ähnliche Elemente und Herausforderungen aufweisen und in grösseren Mengen vertreten sind, ganzheitlich zu betrachten. Dies kann zum Beispiel bedeuten, dass Fraktionen aus der Verarbeitung verschiedener Gerätekategorien gemeinsam an dafür geeignete Folgeabnehmer geliefert werden oder dass Forschungsprojekte Gerätekategorie-übergreifend gefördert werden.

Siehe auch:
Entsorgung von LED-Lampen: Ihr Recycling-Leitfaden (uniled.at)
Cadmium (admin.ch)

1 Eine vertiefte Analyse müsste u. a. auch die Umweltbelastung des Recyclings miteinbeziehen.
2 Mehr Informationen über UBP unter: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wirtschaft-konsum/fachinformationen/methodische-grundlagen-von-oekobilanzen/methode-der-oekologischen-knappheit.html
3 Daten aus UVEK:2021 Datenbank (BAFU [Hrsg.], 2021)
4 Citation: Nikulski, J. S.; Ritthoff, M.; von Gries, N. The Potential and Limitations of Critical Raw Material Recycling: The Case of LED Lamps. Resources 2021,10, 37. https:// doi.org/10.3390/resources10040037
5 Siehe z. B. https://www.umicore.com/en/about/our-metals/